Die EEG-Umlage, mit der Ökostrom finanziert wird, halbiert sich 2022. Die Stromkosten sinken unterm Strich aber wohl eher nicht. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) macht deshalb noch einmal mobil für die komplette Abschaffung der Umlage, um Verbraucher und Wirtschaft zu entlasten.
Die EEG-Umlage, mit der seit rund 20 Jahren Ökostrom finanziert wird, sinkt ab Januar 2022 auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren, wie die Betreiber der großen Stromnetze am 15. Oktober mitteilten. Demnach soll die Umlage im kommenden Jahr bei 3,723 Cent pro Kilowattstunde liegen – bisher sind es 6,5 Cent. Zuletzt lag die Umlage 2012 mit 3,592 Cent niedriger. Eigentlich eine gute Nachricht.
Bislang finanzieren die Haushalte und Betriebe (Stromkunden) die Ökostrom-Förderkosten komplett über den Strompreisbestandteil der EEG-Umlage. Der Betrag war für 2021 auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt worden. Die Umlage ist ein wesentlicher Teil der Stromrechnung.
EEG-Umlage gesenkt: Wird der Strom jetzt günstiger?
Die EEG–Umlage sorgt dafür, dass der Strom für Verbraucher und Wirtschaft insgesamt teurer wird. Sie ist allerdings nur ein Bestandteil des Strompreises. In der Branche wird damit gerechnet, dass die niedrigere Umlage die Strompreise zwar insgesamt stabilisiert, die Stromkosten aber unterm Strich nicht sinken, weil die Beschaffungskosten, die Energieversorger für Strom zahlen müssen, deutlich gestiegen sind. Laut Bundesnetzagentur werden durch den Rückgang der EEG–Umlage die Auswirkungen der steigenden Energiepreise für den Verbraucher zumindest gedämpft.
Welche Auswirkungen die sinkende Umlage für die Strompreise habe, hänge von mehreren Faktoren ab, sagte Kerstin Andreae, Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft. Neben der EEG–Umlage gebe es zahlreiche weitere Steuern, Abgaben und Umlagen. Hinzu kämen die Netzentgelte. Die neue Bundesregierung sollte „als eine ihrer ersten Amtshandlungen die komplette Abschaffung der EEG–Umlage in der kommenden Legislaturperiode beschließen, schlug Andrae vor.
Der Chef des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, appellierte ebenfalls an die nächste Bundesregierung, die EEG–Umlage schnell und entschlossen durch weitere Zuschüsse zu senken – „und zwar auf Null“. Nur so könnten Stromkunden langfristig entlastet werden. Eine Entlastung bei der EEG-Umlage sorge für mehr Akzeptanz bei der Energiewende, hieß es beim VKU.
Altmaier: „EEG-Umlage 2022 darf nicht als Einmaleffekt verpuffen“
Der noch amtierende Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier von der CDU wollte die Förderung von Ökostrom – unter anderem aus Solaranlagen – schon immer am liebsten komplett mit Steuergeldern finanzieren. „Die gesunkene EEG–Umlage 2022 darf nicht als Einmaleffekt verpuffen“, wiederholte Altmaier nun in Berlin. Die Erneuerbaren Energien würden gegenüber fossilen Energieträgern immer wettbewerbsfähiger, so Altmaier: „Ich sage aber deutlich: Auf diesem Niveau dürfen wir mit der EEG–Umlage nicht stehenbleiben.“ Die milliardenschwere EEG-Umlage solle deshalb zum 1.1.2023 komplett abgeschafft werden. Eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt sei machbar.
Gründe für den starken Rückgang der EEG-Umlage nannte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) zum einen höhere Einnahmen durch gestiegene Börsenstrompreise, durch die letztlich die Vermarktungserlöse für den Erneuerbaren Strom gestiegen sind, und zum anderen die Bundeszuschüsse. Über Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung und dem Konjunkturpaket gab es 2021 einen Zuschuss von 10,8 Milliarden Euro – 2022 soll das EEG-Konto einen Zuschuss von 3,25 Milliarden Euro über den CO2-Preis erhalten.
Seit diesem Jahr gilt in Deutschland die CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas. Das macht unter anderem das Heizen von Gebäuden teurer. Zunächst werden 25 Euro pro Tonne fällig, dann wird der Einstiegspreis jährlich gesteigert – ab 2026 soll ein Preiskorridor mit einem Mindestpreis von 55 Euro pro Emissionszertifikat und einem Höchstpreis von 65 Euro festgelegt werden.
BMWi: Zahlen und Fakten zur EEG-Umlage 2022
Mieterstrom im EEG: Energiewende in Wohnquartieren
Die Stromkapazitäten allein aus Solaranlagen sollen sich mit dem EEG bis 2030 nahezu verdoppeln. Um das zu erreichen, will die Bundesregierung zudem die Produktion und Nutzung von Solarstrom durch Mieter (Mieterstrom) forcieren. Betreiber von Solaranlagen auf Dächern von Wohnhäusern sollen mit dem neuen EEG stärker gefördert werden – auch wenn der erzeugte Strom im Wohnviertel verbraucht wird und nicht mehr nur im unmittelbar betroffenen Wohngebäude (sogenannter „Quartiersansatz“).
Das sei „dringend notwendig, um Quartierslösungen zu ermöglichen und die lokale Stromversorgung durch Photovoltaikanlagen massiv auszubauen“, kommentierte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Auch das Problem der Anlagenzusammenfassung sei gelöst: Solaranlagen, die nicht an demselben Anschlusspunkt betrieben werden, werden als Mieterstromanlagen nicht mehr vergütungsmäßig zusammengefasst. Bislang war das so, wenn sich Anlagen derselben oder auch anderer Betreiber in unmittelbarer räumlicher Nähe oder auf demselben Grundstück befanden.
Die Wohnungswirtschaft begrüßte im Rahmen der EEG-Reform außerdem die geklärte Zulässigkeit des Lieferkettenmodells. Das heißt konkret: Mieterstrom darf künftig auch von Dritten an Letztverbraucher geliefert werden und nicht mehr nur vom Anlagenbetreiber selbst – und er soll außerdem nicht mehr unverhältnismäßig gewerbesteuerlich belastet werden.
EEG-Reform: Hintergrund
Das alte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) trat am 1.4.2000 in Kraft. Eine Reform wurde lange erwartet. Am 23.9.2020 stimmte das Bundeskabinett einem „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften“ aus dem Wirtschaftsministerium zu.
Am 14.12.2020 wurden von SPD und CDU/CDU noch Änderungen an dem Entwurf (Stand 9.12.2020) beschlossen, die der Bundestag am 17.12.2020 abschließend beriet. Am 18.12.2020 billigte der Bundesrat die EEG-Reform; und am 1.1.2021 ist das neue EEG wie geplant in weiten Teilen in Kraft getreten, muss aber in Detailfragen noch nachgebessert werden. Das sollte eigentlich längst passiert sein: Die Große Koalition wollte nicht nur bis Ende März 2021 das EEG endgültig abgehakt, sondern auch höhere Ausbauziele für die erneuerbaren Energien definiert haben. Der gesamte Strom in Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein.
Ende April 2021 hatte sich die schwarz-rote Koalition nach langem Hin und her geeinigt, dass die EEG-Umlage auf weniger als fünf Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden muss, nachdem die SPD Verhandlungen über Detailfragen zum EEG zwischenzeitlich blockiert hatte.
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dpa
Quelle: Haufe