Nicht bezahlte Rechnungen, Bodenspekulation, dubiose Geschäfte – die Adler Group macht seit Monaten Schlagzeilen. Die Finanzaufsicht Bafin prüft schon eine Weile die Bücher. Der Wohnungskonzern wankt. Ob die Übernahme der kriselnden Immobilientochter per Squeeze-out noch etwas rettet, ist offen.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hatte sich eingeschaltet, nachdem der Wohnungskonzern Adler Group im Oktober 2021 erstmals unter Beschuss des Leerverkäufers Fraser Perring geraten war. Der Brite und sein Research-Dienst Viceroy hatten Betrugsvorwürfe gegen Adler erhoben – es ging dabei unter anderem um die Bewertung von Immobilienprojekten. Das Unternehmen mit juristischem Sitz in Luxemburg und operativem Hauptsitz in Berlin weist die Kritik zurück.
Die von Adler beauftragten Wirtschaftsprüfer von KMPG, die eigentlich die Vorwürfe aus der Welt räumen sollten, verweigerten dem SDAX-Unternehmen das Testat für die Geschäftszahlen 2021 und teilten mit, künftig nicht mehr für das Unternehmen tätig sein zu wollen. Die Bafin hat mittlerweile die Prüfung der Finanzdaten auf die kriselnde deutsche Immobilientochter Adler Real Estate ausgeweitet, die ebenfalls in juristischen Schwierigkeiten steckt. Untersucht wird auch Insider-Handel mit Aktien.
Die Tagesschau berichtet außerdem von einer „Liste mit Tausenden offenen Forderungen“, denen die Projektentwicklertochter Consus Real Estate nicht oder nicht vollständig nachgekommen sein soll. Damit spitze sich die Krise um das finanziell angeschlagene Unternehmen weiter zu.
Adler will Immobilientöchter von der Börse nehmen
Am 24. Juni teilte die Gruppe mit, die Minderheitsaktionäre von Adler Real Estate in einem Squeeze-out gegen eine Barabfindung herausdrängen zu wollen. Die Tochter, an welcher der Konzern derzeit 96,7 Prozent hält, soll dann von der Börse genommen werden. Damit solle die Konzernstruktur vereinfacht werden, hieß es. Zuvor hatte Consus erklärt, die Aktien von der Börse zu nehmen. Wie die Aktionäre reagieren, ist noch offen. Am 29. Juni findet die Hauptversammlung statt.
Im Zuge der angestrebten Vereinfachung der Unternehmensstruktur verkauft die Gruppe nach eigenen Angaben zudem ein Immobilienpaket mit rund 1.400 Wohnungen in Berlin und einem Marktwert von 326 Millionen Euro an die Tochter Adler Real Estate. „Die Transaktion steht vor dem Hintergrund der Optimierung der Prozesse und Strukturen innerhalb der Adler Group“, wie das Unternehmen mitteilte. Nach den Anschuldigungen arbeite man aktuell an der Verbesserung der Transparenz und Unternehmensführung.
Die unübersichtlich strukturierte Adler Group mit insgesamt mehr als 27.000 Wohnungen im Bestand entstand im Jahr 2020 durch die Fusion von Adler Real Estate, Consus und Ado Properties.
Spekulation mit Grundstücken?
Im Zusammenhang mit Spekulationsvorwürfen geriet zuletzt Consus in Sachen „Holsten-Areal“ in die Kritik. Das Grundstück im Hamburger Stadtteil Altona gehört der Adler-Gruppe seit 2019, der Wert in den Büchern hat sich seit dem Kauf verfünffacht, 1.300 Wohnungen waren versprochen, passiert ist bisher nichts. Um weitere Spekulationen zu verhindern, will die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und die Flächen selbst bebauen.
In Düsseldorf hat Adler ebenfalls seit 2019 die Baugenehmigung für mehr als 900 Wohnungen im Projekt „Grand Central“ – das Grundstück liegt immer noch brach. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Im Steglitzer Kreisel in Berlin sollen Eigentumswohnungen entstehen, doch auf der Baustelle tut sich seit etwa zwei Jahren nicht mehr viel.
„Deutschland braucht dringend mehr Wohnraum und zwar günstigen. Warum aber bleiben in vielen Städten Grundstücke in bester Lage unbebaut? Warum wird der Bau von Wohnungen immer wieder angekündigt, aber nicht verwirklicht?“ Diese Fragen haben sich die Autoren der
ARD-Doku „Immobilienpoker – Die dubiosen Geschäfte eines Wohnungskonzerns“ gestellt, die sich mit der Adler Group auseinandersetzt.
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Quelle: Haufe